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28. Mai 2010 5 28 /05 /Mai /2010 01:06

Im Dienst europäischer und bundesdeutscher Behörden:

Drohnen überwachen unbemerkt Ziele, erkennen selbständig Gerüche oder »abweichendes Verhalten« und könnten mit Waffen ausgestattet werden

Von Matthias Monroy

Im Schutz dichten Nebels schließen zwei Jugendliche einen Kleinwagen kurz. Die Polizei setzt, nachdem ein entsprechender Hinweis bei der Leitstelle eingeht, alle Hebel in Bewegung, um die beiden zu fangen. Zum Einsatz kommt unter anderem ein mit Thermokamera ausgerüsteter Flugroboter, dessen Bilder die Beamten auf die Spur der Verdächtigen bringen. Die Verfolgten können zunächst fliehen, lassen das Fahrzeug zurück und kauern sich ans Ufer eines Kanals. Trotz schlechter Sichtverhältnisse kann die fliegende Kamera allerdings ihre Körperwärme lokalisieren und »patrouilliert« über dem Versteck, bis die Polizei eintrifft.


Kein Zukunftsszenario, sondern stolze Erfolgsmeldung der Polizei in Liverpool. Erstmals hatte der Einsatz eines sogenannten Mikrokopters Anfang 2010 in Großbritannien zu einer Festnahme geführt. Die fliegenden Kameras werden seit 2007 von der Polizei der nordenglischen Stadt für »Rettungsmissionen« und Operationen gegen »antisoziales Verhalten« eingesetzt. »We are very pleased«, kommentiert Chief Inspector Gunatilleke von der »Anti-social Behaviour Taskforce« und droht weitere Einsätze an, etwa im Verbund mit Helikoptern oder Hundepatrouillen.
Überwachung von Stadtteilen
Die rund ein Kilogramm schweren Mikrodrohnen gehören zur Klasse der »Unbemannten Luftfahrzeuge« (Unmanned Aerial Vehicles, UAV). Ihre technische Bezeichnung »Quadrokopter« verweist auf die vier kleinen Rotorblätter, die von Elektromotoren angetrieben werden. Bestückt mit einem Lithium-Ionen-Akku können sie, abhängig vom Gewicht, bis zu 30 Minuten in der Luft bleiben.

Quadrokopter haben wenig mit den Drohnen gemein, die von Militärs beispielsweise im Irak, Afghanistan oder Indien eingesetzt werden (obgleich dort ein zunehmendes Bedürfnis nach leichteren UAV artikuliert wird). Während die militärischen Drohnen aus Höhen bis zu 15 Kilometern unbemerkt Aufklärungsdaten liefern und mit leichten Raketen bestückt werden können, fliegen die Mikrokopter nur rund 100 Meter hoch. Ihre aufgenommenen Videodaten werden per Funk zu einer in der Nähe befindlichen Empfangsstation (gewöhnlich ein Laptop) übertragen und können von dort in Leitstellen übermittelt werden. Die Mikrodrohnen können mit GPS-Modulen zur Satellitennavigation ausgerüstet werden, um programmierte Flugrouten einzuhalten und autonom zu einem festgelegten Punkt zurückzukehren. Zur Bedienung von UAV ist ein neues Berufsbild »Operator für unbemannte Luftfahrzeuge« entstanden, für die Steuerung der kleinen Mikrodrohnen reichen allerdings kurze »Luftfahrzeugfernführer«-Fortbildungen.

Europäische Polizeien experimentieren seit mehreren Jahren mit dem Einsatz fliegender Kameras im Polizeialltag, darunter in Paris und Mailand zur Überwachung von »Problemstadtteilen« oder in Amsterdam anläßlich einer Häuserräumung. Französische Polizeien hatten letztes Jahr ein Training zur Aufstandsbekämpfung durchgeführt, dessen zentraler Bestandteil die Aufklärung aus der Luft mittels eines Quadrokopters gewesen war. Das österreichische Innenministerium meldete jüngst, in der Ukraine mit Hilfe der europäischen Polizeiagentur Europol ein riesiges Cannabisfeld entdeckt zu haben. Zum Einsatz kam der fliegende Geruchsdetektor »Cana-Chopper«, der auch von der holländischen Polizei genutzt wird und angeblich selbst Plantagen in Gebäuden erschnüffelt.

Nicht immer beschränken sich die Verfolgungsbehörden auf die Nutzung der kleinen Mikrokopter und bedienen sich statt dessen der Aufklärungsdaten militärischer Drohnen. An der Schweizer Grenze haben UAV bereits beim Aufspüren illegalisierter Migranten geholfen. In Strasbourg patrouilliert jedes Jahr in der Silvesternacht eine Drohne, um das traditionelle Anzünden von Autos in den Griff zu bekommen. Bei den G-8-Gipfeln 2003 in Evian/Frankreich und 2009 in L’Aquila/Italien wurden Drohnen des Militärs eingesetzt, seitens der Schweiz ebenso bei der EURO 08 und dem NATO-Gipfel im Jahr 2009 an der Grenze zu Frankreich. Anläßlich der G-8-Gipfel in Schottland 2005 und St. Petersburg 2006 versorgten sich die Polizeien zudem mit Videomaterial von Kameras, die an kleine Zeppeline montiert waren. Im Januar hatte der britische Guardian berichtet, daß die Polizei in Großbritannien ab 2012 Drohnen der Firma BAE Systems für allgemeine Polizeiaufgaben wie Verkehrsüberwachung oder Umweltdelikte in die Luft schickt. Die mittelgroßen UAV, die auch für Belange des Ordnungsamts genutzt werden sollen, können bis zu 15 Stunden in der Luft bleiben.
Probeeinsatz bei BRD-Behörden
Als eines der ersten Bundesländer hatte das sächsische Innenministerium Anfang 2008 zwei Komplettsysteme eines »SensoCopters« für zunächst ein Jahr angemietet. Die »SensoCopter« werden vom Überlinger Rüstungskonzern Diehl BGT Defence in Kooperation mit der Firma Microdrones aus Kreuztal entwickelt. Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) kündigte damals ihren Einsatz bei Fußballspielen oder Demonstrationen an, um etwa »Rädelsführer in der Menschenmenge« zu identifizieren und beweiskräftige Bilder bei Gericht vorlegen zu können. »Die Drohnen bieten uns völlig neue Perspektiven in der Bild- und Videodokumentation«, erklärte hierzu der Sprecher des sächsischen Innenministeriums. Die Geräte sollen auch bei Entführungen und Geiselnahmen genutzt werden. Der großspurigen Ankündigung über Einsätze anläßlich von »Risiko-Spielen« im Dresdner Fußballstadion war allerdings kein Einsatz im öffentlichen Raum gefolgt. Der zunächst auf ein Jahr befristete Leasingvertrag wurde kurzerhand bis zum 31. Oktober 2010 verlängert.

Niedersachsen hatte Mitte 2008 für rund 47000 Euro einen vollausgerüsteten Quadrokopter der Firma Microdrones angeschafft. Laut Innenminister Uwe Schünemann (CDU) könnten die fliegenden Kameras eine »Schlüsselstellung zur schnellen Informationsgewinnung« einnehmen. Neben der Luftaufklärung, Einsatzführung, Beweissicherung und Dokumentation würde auch eine Nutzung für die »nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr« in Frage kommen, etwa bei Großschadenslagen oder Katastrophen. Auch in Hessen und Nordrhein-Westfalen haben die Innenministerien den zuständigen Landeskriminalämtern Aufträge zur Evaluation fliegender Kameras erteilt.

Zur Koordinierung der Tests auf Länderebene wurde von den Landesinnenministern und -senatoren 2007 eine »Bund-Länder-Projektgruppe ›Drohnen‹« zur Prüfung der »einsatztaktischen, rechtlichen und polizeitechnischen Aspekte« eingerichtet. Um die Produktpalette der getesteten Geräte zu erweitern, hatte auch die Bundespolizei mit »Aladin« und »FanCopter« zwei unterschiedliche UAV der Firma EMT aus Penzberg beschafft. Die Mitglieder der Projektgruppe sehen indes in ihrem als Verschlußsache eingestuften Abschlußbericht »weiteren Handlungsbedarf«. Demnach sei dringend eine »Marktbeobachtung und -auswertung technischer Lösungen« erforderlich.

Tatsächlich scheinen die polizeilichen Luftfahrzeugfernführer von der rasanten technischen Entwicklung der Drohnen überfordert. »Robotische Systeme oder auch mobile autonome Systeme stehen noch am Anfang der Erschließung des zivilen Sicherheitsmarktes«, folgert eine Studie, die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erstellt wurde. Drohnen könnten demnach überall dort zum Einsatz kommen, wo eine »lokale, kurzfristige Verschärfung der zivilen Sicherheitslage zu befürchten ist«. Dazu zählen laut den Verfassern z.B. Sportereignisse, Messen, Demonstrationen, Staatsbesuche und Gefahrguttransporte. Weil die Mikrokopter immer kleiner werden, Antriebe effektiver ausgelegt sind und Batterien längere Flugzeiten erlauben, werden die Geräte für zivile Anwendungen zunehmend erschwinglich.

Die Studie prognostiziert stetig wachsende Umsätze mit einem Marktvolumen für 2015 und die Folgejahre von etwa 100 bis 250 Millionen Euro, wobei hier »Wehrtechnik unberücksichtigt bleibt«. Das Geschäft mit UAV boomt trotz Finanzkrise. Der gesamte Markt für große und kleine Flugroboter gilt laut einer Studie der Consultingfirma Teal Group als der »am meisten dynamisch wachsende Sektor innerhalb der Luftfahrtindustrie«.
»Polizeibeamte der Zukunft«
Die von Polizei-Quadrokoptern Beobachteten könnten mit dem
Die von Polizei-Quadrokoptern Beobachteten könnten mit dem mittels iPhone ferngesteuerten Parrot AR den behördlichen Fliegern das Leben schwermachen
Für die nähere Zukunft werden vor allem hinsichtlich Autonomie und Navigation entscheidende technische Fortschritte erwartet. Mikrodrohnen sollen bald ohne Satellitennavigation in Gebäude fliegen können, autonom in Schwärmen operieren und durch ein verbessertes Energiemanagement noch länger in der Luft bleiben. Dieses Jahr wurde die Energieversorgung durch Laserstrahlen erfolgreich demonstriert, womit die Geräte theoretisch nur noch zur Wartung landen müßten.

Zahlreiche Bundesministerien haben Forschungsprogramme installiert, die von »Industriepartnern« und Universitäten zusammen mit der »Anwenderseite« durchgeführt werden. Als eines der größten Probleme gilt das mangelnde Erkennen anderer Luftfahrzeuge und die Vermeidung von Zusammenstößen, weshalb die kleinen und großen Drohnen noch nicht im für die zivile Luftfahrt freigegebenen Luftraum operieren dürfen.

Im Projekt »AirShield« wird daneben zum Einsatz von Mikrodrohnen für den »Schutz kritischer Infrastrukturen« geforscht. »Gefahrenprognose und -abwehr« soll dabei von den fliegenden Kameras möglichst automatisiert erfolgen. Ihre »entscheidungsunterstützenden Informationen« und räumlichen Lagedarstellungen werden von der Software eines »Mission Control Centers« am Boden analysiert, um vermeintlichen Bedrohungen möglichst zuvorzukommen. Die gewonnenen Daten werden zu topologischen und geographischen Informationen in Beziehung gesetzt und den Verfolgungsbehörden als »Entscheidungshilfe« in einer »anschaulichen Form, zusammen mit Zusatzdaten, präsentiert«. »AirShield« will ebenso Anwendungen zur »Schwarmintelligenz« entwickeln, wodurch die Mikrodrohnen gemeinsam große Flächen effizient überwachen könnten. Rund ein Jahr nach Projektbeginn wurde in Dortmund angeblich weltweit erstmals »Schwarmverhalten im freien Feld« gezeigt. Die Entwickler freuen sich über eine »fruchtbare Zusammenarbeit der Disziplinen der Robotik, Informations- und Kommunikationstechnik, Verteilte Künstliche Intelligenz und Geoinformatik«.

Neben der bundesdeutschen Sicherheitsforschung gibt es auch auf europäischer Ebene mindestens ein Dutzend Forschungsvorhaben zur Nutzung kleiner und großer Drohnen für Verfolgungsbehörden und Militär. Um die Stärke und Unabhängigkeit der europäischen Robotikindustrie weiter auszubauen, hatte die Europäische Kommission die Förderung der europäischen Robotikforschung zwischen 2007 und 2010 auf fast 400 Millionen Euro verdoppelt. EADS Defence & Security und der EADS-Ableger Astrium meldeten im Winter, ein von ihnen geführtes Konsortium sei für eine sechsmonatige Machbarkeitsstudie ausgewählt worden, um Satellitenkommunikation für den sicheren Flug von UAV im zivilen Luftraum zu ermöglichen. Die Forschungsgelder werden von der Europäischen Verteidigungsagentur vergeben. Zum Konsortium aus elf Partnern gehört auch die deutsche Firma IABG aus Ottobrunn.
Fliegende Elektroschocker?
Der Einsatz fliegender Kameras wird zudem in Plänen zur Kontrolle des urbanen Raums und frühzeitigen Erkennung »abweichenden Verhaltens« vorangetrieben. Wie das deutsche »AirShield«-Projekt will etwa das EU-Programm INDECT eine Plattform entwickeln, mit der »Polizeibeamte der Zukunft« in nicht allzu ferner Zeit mit Quadrokoptern auf Streife gehen könnten. Demnach würde der Späher in der Luft verdächtiges Verhalten nicht nur klassifizieren und einen Alarm ausgeben können, sondern Verdächtige eigenständig verfolgen. Währenddessen entscheiden sich die Beamten am Boden entweder für diskrete Observation oder Zugriff. Die Daten müssen in guter Qualität aufgezeichnet werden können, um sie in späteren Gerichtsverfahren verwerten zu können.

Neben der Universität Wuppertal sind auch die beiden deutschen Unternehmen PSI Transcom und Innotec Data an INDECT beteiligt; in einigen Veröffentlichungen finden sich zudem Hinweise auf die Zuarbeit des Bundeskriminalamts. In einem Arbeitspapier fordern britische, spanische und polnische Polizisten und Wissenschaftler, daß die in INDECT entwickelten Systeme nicht nur im Krisenfall eingesetzt werden sollen. Statt dessen sollten sich die Polizisten an ihre Handhabung im Polizeialltag gewöhnen, damit sie nicht bei Großschadenslagen überfordert seien.

Bislang tragen Mikrokopter keine Waffen, obschon Hersteller wie polizeiliche Anwender beim bloßen Herumfliegen mit Kameras bereits jetzt Langeweile empfinden. Wie auch bei den vom Militär genutzten Drohnen soll der Aufgabenbereich der Mikrodrohnen zügig über die Informationsgewinnung hinausgehen. Laut der deutschen Firma AirRobot kann ihr Quadrokopter mit chemischen Sensoren, Laserpointern und Nebelgranaten ausgerüstet werden. Der europäische Importeur der Firma Taser International tut kund, an der Entwicklung von fliegenden Elektroschockern zu arbeiten. Der französische Hersteller Tecknisolar Seni will Mikrokopter mit Flashball-Pistolen ausrüsten, die auch Tränengas verschießen können. Laut dem sicherheitstechnischen Trendmagazin Wired betreibt die britische Polizei zudem die fliegende Nutzung anderer vermeintlich »nicht tödlicher Waffen« zur Handhabung bei Menschenmassen und abweichendem Verhalten im urbanen Raum. Die Flugroboter könnten demnach mit Stroboskop­leuchten oder Soundkanonen (Long Range Acoustic Device) ausgerüstet werden. Eingesetzt würden hierfür sowohl kleine Quadrokopter von AirRobot als auch die größeren, militärisch genutzten Drohnen von BAE Systems. Soundkanonen wurden bereits am »Camcopter« der österreichischen Firma Schiebel getestet. Der »Camcopter«, der einem Minihubschrauber ähnelt, kann darüber hinaus mit kleinen Raketen bestückt werden. Die Firma wirbt mit der guten Eignung des Produkts für Operationen psychologischer Kriegführung, indem etwa Flugblätter hinter feindlichen Linien abgeworfen würden. Seit zwei Jahren wird das Gerät von der deutschen Marine getestet.
Politik arbeitet zu
Um die fortschreitende militärische, polizeiliche, gewerbliche und private Nutzung unbemannter Luftfahrzeuge und die damit lange ungeklärten Fragen der Luftsicherheit einzugrenzen, hat die Bundesregierung kürzlich die Luftverkehrsordnung (LuftVO) geändert. Gerade wegen der zunehmenden Fähigkeit zum autonomen Flug mittels GPS oder dem selbständigen Umfliegen von Hindernissen können die Mikrodrohnen nicht mehr als »ferngesteuerte Flugkörper« betrachtet werden. Als problematisch gilt ebenfalls die schlechte Sichtbarkeit von UAV »insbesondere bei Modellen, welche für Aufklärungsflüge konzipiert wurden«, die Steuerungskette durch Piloten oder die Zuverlässigkeit der Datenübertragung sowie atmosphärische Einflüsse auf die Funkverbindung und Störungen der verwendeten Frequenz.

Der Bundesrat war mit der Gesetzesvorlage unter anderem der wichtigsten Forderung der »Bund-Länder-Projektgruppe ›Drohnen‹« der Landesinnenminister und -senatoren nachgekommen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung will mit der Änderung eine »Sicherheitslücke schließen, solange es noch keine anderweitigen Flugbeschränkungen für unbemanntes Luftfahrtgerät gibt«. Die im Januar beschlossene Gesetzesänderung sieht nun ein generelles »Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bzw. eine Genehmigungspflicht« vor. Das Ministerium kündigt eine »umfassende Gesetzes- und Verordnungsänderung in einem zweiten Schritt« an, will aber wegen des »noch nicht abgeschlossenen technischen Entwicklungsprozesses im Bereich der UAV« zunächst abwarten.

Nur im Ausnahmefall darf ein UAV mit einem Gesamtgewicht von über 25 Kilogramm betrieben werden. Das Verkehrsministerium muß hierfür zuvor ein »Flugbeschränkungsgebiet« einrichten. Als Einsatzmöglichkeiten für die leichten Mikrodrohnen, die unter die Gewichtsgrenze fallen, nimmt das Ministerium etwa Werbeflüge, Luftbildflüge für Journalisten, die Kontrolle und Überwachung von Hochspannungsleitungen oder Sprühflüge zum Verteilen von Insektiziden an. Die Behörde hatte sich mit der Abgrenzung von gewerblich genutzten Geräten gegenüber der stetig wachsenden Szene von Hobbyfliegern schwergetan, die sich längst nicht mehr mit Modellflugzeugen langweilt, sondern zunehmend mit programmierbaren Quadrokoptern den Luftraum verunsichert. Im deutschsprachigen Raum gibt es eine unüberschaubare Fangemeinde, die seit einigen Jahren von einem Versandhandel mit Bausätzen und Ersatzteilen versorgt wird. Ein Quadrokopter für den Selbstbau kostet dort als Basisversion rund 1000 Euro. Die extrem männerdominierten Freizeitbastler treffen sich auf Flugplätzen und sind unter anderem regelmäßig auf den Konferenzen des Chaos Computer Clubs präsent.

Gemäß der vorliegenden Fassung der Luftverkehrsordnung gelten die Hobbyflugroboter nicht als »unbemanntes Luftfahrtgerät«, wenn diese »ausschließlich zum Zweck des Sports oder der Freizeitgestaltung« betrieben werden. Problematisch, also nicht gesetzeskonform bleibt aber der Einsatz von Quadrokoptern, die per GPS oder anderen Techniken autonom und außerhalb der Sichtweite der steuernden Personen fliegen. Die »Erlaubnispflicht« für den gewerblichen Einsatz begründet das Ministerium zudem mit einem »grundsätzlich höheren Gefährdungspotential«, etwa bei Fotos von Unfallorten oder Demonstrationen. Folglich müssen auch die Länderpolizeien die zukünftige Nutzung von Flugrobotern (selbst zu Testzwecken) beim Bundesministerium für Verkehr genehmigen lassen.
Luftkampf per iPhone?
Nicht immer nimmt man es zugunsten von Überwachung und Kontrolle mit den Vorschriften so genau. Die großspurige Meldung der Polizei in Liverpool über die per Thermokamera eingefangenen angeblichen Autoknacker hatte kurz darauf die zuständige Luftfahrtbehörde auf den Plan gerufen, die die Geräte kurzerhand vom Himmel holte. Kleinlaut mußten die polizeilichen Luftfahrzeugfernführer zugeben, die auch in Großbritannien seit dem 1. Januar geltenden geänderten Luftfahrtvorschriften »übersehen« zu haben.

Immerhin werden langsam auch die deutschen Datenschützer hellhörig. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Niedersachsens kritisiert, daß weder Polizei noch Innenministerium Sinn und Zweck der Flugeinsätze zur Prüfung vorgelegt hätten. Befürchtet wird zudem, daß Anwohner und Passanten anlaßlos gefilmt werden. Der Innenexperte der sicherheitskritisch angestrichenen FDP im nordrhein-westfälischen Landtag freut sich indes über die Drohnen, da sie leiser, unauffälliger und billiger als Helikopter seien und »wichtige Aufklärungsergebnisse für die Einsatzleitung der Polizei« liefern würden. Gerade bei »umfassenden Einsatzlagen wie etwa Großdemonstrationen« wären sie eine unverzichtbare Hilfe für die Polizei.

Fraglich bleibt, wie sich politische Aktivisten etwa bei der Ausübung ihres Demonstrationsrechts vor den fliegenden Kameras oder gar »nichttödlichen Waffen« schützen können. Neben altgedienten (natürlich nicht legalen) Mitteln wie Zwille oder Vermummung kommt Hoffnung ausgerechnet von Apples iPhone. Auf einer Elektronikmesse in Las Vegas hatte der französische Hersteller Parrot im Januar einen Quadrokopter präsentiert, der mit dem iPhone bzw. iPod touch gesteuert wird. Das Gerät ist mit einer Kamera ausgestattet, die die Bilddaten per WLAN direkt aufs Display überträgt. Damit kann das Spielzeug ohne Sichtkontakt intuitiv mit den Bewegungen des Handys bzw. iPod gesteuert werden. Parrot entwickelt hierzu eigens Spiele, um Kriegseinsätze zu simulieren und gegnerische Quadrokopter im »Luftkampf« abzuschießen. Durchaus ein Risiko für die Flugroboter im alltäglichen Polizeieinsatz, zumal der Anschaffungspreis deutlich niedriger liegen dürfte als die Quadrokopter für den Selbstbau.
Matthias Monroy ist Journalist, spezialisiert auf Sicherheitsarchitekturen und Polizeizusammenarbeit in Europ
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