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10. Mai 2018 4 10 /05 /Mai /2018 18:09

Mehr als 30.000 Menschen haben am heutigen Donnerstag in München gegen die Neufassung des Polizeiaufgabengesetzes PAG demonstriert.

Wenige Tage vor der zweiten Lesung des Gesetzentwurfes im bayerischen Landtag setzten die Bürgerinnen und Bürger ein klares Zeichen für den Erhalt ihrer Freiheits- und BürgerInnenrechte und gegen eine Entwicklung zum Überwachungsstaat. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer übertraf die Erwartungen der Veranstalter deutlich.

Bayernweit waren somit in den letzten Wochen viele zehntausende Menschen gegen das PAG auf der Straße.

Für die heutige Großdemonstration hatte ein Bündnis aus mehr als 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen und Parteien mobilisiert. Das Bündnis fordert den Bayerischen Landtag auf, die geplanten Änderungen am Polizeiaufgabengesetz nicht zu beschließen und die im August 2017 beschlossene Einführung der „drohenden Gefahr“ und der theoretisch möglichen unendlichen Haft zurückzunehmen.

Der breite Protest ist aus der Sicht der Organisatoren eine klare Botschaft an den Bayerischen Landtag und die Staatsregierung das neue Polizeiaufgabengesetz nicht zu verabschieden und zudem die Verschärfungen von 2017 zurückzunehmen.


Weitere Informationen finden Sie hier: www.nopagby.de

Bilder zur Demo hier: https://www.flickr.com/photos/161594656@N06

Die Liste der Mitgliedsorganisationen:
https://www.nopagby.de/mitgliedsorganisationen/

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12. Dezember 2013 4 12 /12 /Dezember /2013 21:08

562 Autoren aus über 80 Ländern verlangen eine internationale Übereinkunft für den Schutz der Privatsphäre und gegen die Rundumüberwachung.

32  Zeitungen veröffentlichen heute den Aufruf und die Namensliste der Unterzeichner. Darin heißt es u.a.:

  • Überwachung verletzt die Privatsphäre sowie die Gedanken- und Meinungsfreiheit.

  • Massenhafte Überwachung behandelt jeden einzelnen Bürger als Verdächtigen. Sie zerstört eine unserer historischen Errungenschaften, die Unschuldsvermutung.

  • Überwachung durchleuchtet den Einzelnen, während die Staaten und Konzerne im Geheimen operieren. Wie wir gesehen haben, wird diese Macht systematisch missbraucht.

  • Überwachung ist Diebstahl. Denn diese Daten sind kein öffentliches Eigentum: Sie gehören uns. Wenn sie benutzt werden, um unser Verhalten vorherzusagen, wird uns noch etwas anderes gestohlen: Der freie Wille, der unabdingbar ist für die Freiheit in der Demokratie.

Hier ist der Appell in englischer Sprache.

Quelle: http://www.carta.info/67936/schriftsteller-aus-aller-welt-gegen-uberwachung/

- http://62.12.180.206/pressespiegel_index/index.html?artikel=017608

siehe auch: Die abschreckende Wirkung einer allgegenwärtigen Überwachung durch den Staat

- Tausende US-Firmen kooperieren mit Geheimdiensten

- Edward Snowden erhält deutsche Whistleblowerpreise

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11. Dezember 2013 3 11 /12 /Dezember /2013 19:50

Ein von der Bundesregierung finanziertes aktuelles Forschungsprojekt untersucht die Reaktion muslimischer Migranten auf Gewaltoperationen der Bundeswehr in islamischen Ländern. Die beauftragten Wissenschaftler der Universität Hamburg wollen insbesondere in Erfahrung bringen, inwieweit das "außenpolitische Handeln" Deutschlands Einfluss auf "islamistische Radikalisierungsprozesse" im Inland hat.

Eng damit verknüpft ist ein weiteres ebenfalls in Hamburg angesiedeltes Forschungsvorhaben, das versucht, die "Denkweisen" sogenannter dschihadistischer Attentäter zu analysieren und mit Hilfe der Resultate auf konkrete Anschlagsplanungen und -ziele zu schließen.

Die beiden Projekte sind Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit dreistelligen Millionensummen geförderten Programms "Forschung für die zivile Sicherheit", an dem sowohl die deutschen Streitkräfte als auch führende Rüstungsunternehmen beteiligt sind.

mehr
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58757

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26. Juli 2013 5 26 /07 /Juli /2013 14:01

Edward Snowden, der als Insider das ungeheuerliche Ausmaß der Ausspähung von BürgerInnen durch ausländische und deutsche Geheimdienste enthüllt hat, wird gleich mit zwei Preisen der Zivilgesellschaft geehrt. So geht der seit 1999 alle zwei Jahre verliehene Whistleblowerpreis an Snowden.

An der Verleihung des von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW e.V.) und der deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA) gestifteten Preises beteiligt sich in diesem Jahr erstmalig die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland.

»Eine offene Gesellschaft braucht Zivilcourage und mutige Menschen wie Edward Snowden, damit Missstände aufgedeckt und unterbunden werden«, sagte Jurymitglied Hartmut Grassl (VDW e.V.) auf der Pressekonferenz am 24. Juli.

Mit der Verleihung des Whistleblowerpreises 2013 hofft Otto Jäckel (Jurymitglied und Vorsitzender der Deutschen Sektion IALANA) eine politische Kehrwende herbeizuführen und fordert die deutsche Regierung auf, Snowden politisches Asyl in Deutschland zu gewähren. Der Preis wird am 30. August in Berlin verliehen.

Auch die Humanistische Union ehrt in diesem Jahr Edward Snowden für seine Aufdeckung des Überwachungsskandals mit dem Fritz-Bauer-Preis. In einem Schreiben an Bundespräsident Joachim Gauck hat die Bürgerrechtsorganisation diesen aufgefordert, im aktuellen Überwachungsskandal öffentlich Stellung zu nehmen und einen orientierenden Debattenbeitrag zu leisten. 

Pressemitteilung Whistleblowerpreis unter
http://www.ialana.de/files/pdf/arbeitsfelder/whistleblowerpreis/2013%20-snowden/Kurzfassung_Begr_W_preis_2013.pdf
Pressemitteilung Fritz-Bauer-Preis unter
http://www.humanistische-union.de/nc/presse/2013/pressedetail_2013/back/presse-2013/article/ueberwachungsskandal-hu-statt-grenzenlosem-sicherheitsstreben-mehr-freiheit-schaffen/
--

Dem Deutschen Bundestag liegt eine von einer Bürgerin am 3. Juli 2013 eingereichte Petition vor, die online beim Bundestag mitgezeichnet werden kann: »Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass dem US-Bürger Edward Snowden politisches Asyl gewährt werden möge.« (Petition 43198) Als Begründung führt sie an, dass er mit seinen Enthüllungen zum Prism-Abhörprogramm eine Debatte angestoßen habe, die »grundsätzliche Fragen in Bezug auf die Abwägung zwischen Freiheit und Sicherheit berührt. Nach Presseinformationen ist Prism für die Bundesrepublik besonders relevant, da große Datenmengen deutscher Nutzer abgefangen wurden.« Bis zum 22. Juli 2013 um 14 Uhr hatte die Petition 12.530 beim Bundestag registrierte Mitpetenten gefunden. Eine Mitzeichnung ist bis zum 31. Juli 2013 möglich. 


Seit Wochen ist bekannt, dass der US-Geheimdienst NSA im großen Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland auskundschaftet. Details und Umfang sind aber nach wie vor ebenso unklar wie die Rolle der deutschen Nachrichtendienste. Die Affäre hatte der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden ins Rollen gebracht.

Auch 32 namhafte Autoren wie Juli Zeh und Moritz Rinke mahnten Aufklärung an. In einem offenen Brief, der in der Freitagsausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" veröffentlicht werden sollte, heißt es: "Wir erleben einen historischen Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat."

Konsequenzen fordern auch mehrere Bürgerrechtsgruppen. In einem offenen Brief verlangten unter anderem Greenpeace, der Chaos Computer Club und der Bundesverband der Verbraucherzentralen, "staatliche Überwachungspraktiken, die ohne rechtlichen Rahmen stattfinden, umgehend abzustellen".

Im US-Kongress scheiterte unterdessen ein ungewöhnliches Bündnis von Republikanern und Demokraten mit dem Ziel, der NSA straffere Zügel anzulegen. Die Abgeordneten entschieden mit 217 zu 205 Stimmen, dass der Geheimdienst auch künftig Hunderte Millionen Telefongespräche von US-Bürgern uneingeschränkt überwachen und aufzeichnen darf.

--

stopsurveillance.org

Offener Brief
Wir, die nachfolgenden Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, fordern

unsere Regierung, unser nationales Parlament, die EU-Kommission, den Europäischen Rat und das Europäische Parlament auf:

  1. Sich gegen jede Form anlassloser und unverhältnismäßiger Überwachungsmaßnahmen auszusprechen und danach zu handeln.
  2. Das Recht auf Privatsphäre und Informationelle Selbstbestimmung zu achten und dieses sowohl auf nationaler Ebene wie auch in der EU-Datenschutz-Grundverordnung als auch der Datenschutzrichtlinie und den entsprechenden Normen für EU-Institutionen zu verankern und an erste Stelle zu rücken.
  3. In internationalen Verträgen den Schutz und die Achtung der Privatheit und entsprechende Rechtsmittel auch gegen Überwachungsmaßnahmen durch Drittstaaten zu erwirken.
  4. Zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die in der EU verarbeitet werden, nicht ohne Rechtshilfeabkommen und ausreichenden Rechtsschutz an Behörden oder Organisationen in Drittländern übermittelt werden.
  5. Das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und die Integrität informationstechnischer Systeme sicherzustellen.
  6. Internationale Kooperationen zwischen Strafverfolgungsbehörden, Justiz und Geheimdiensten nicht zur Umgehung innerstaatlichen Grundrechtsschutzes zu missbrauchen.
  7. Alle Verträge, Gesetze und Maßnahmen, die die Informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger des jeweils eigenen Landes und der EU betreffen, unmittelbar offenzulegen.
  8. Die Verletzung der Privatsphäre ihrer jeweiligen Bürgerinnen und Bürger durch Unternehmen, Drittstaaten oder dort ansässige Unternehmen rechtlich, wirtschaftlich und politisch zu sanktionieren.
  9. Eine individuelle Benachrichtigungspflicht der betroffenen Bürgerinnen und Bürger innerhalb möglichst kurzer Frist nach Durchführung jeder digitalen Einsichtnahme und Überwachungsmaßnahme einzuführen, ob durch Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste.
  10. Projekte und Technologien zum informationellen Selbstschutz und freie und quelloffene Umsetzungen aktiv zu fördern und selbst verpflichtend zu nutzen.
  11. Staatliche Überwachungspraktiken, die ohne rechtlichen Rahmen stattfinden, umgehend abzustellen.
  12. Whistleblowern, die gesellschaftlich relevante Missstände aufzeigen, angemessenen rechtlichen Schutz zu garantieren.

http://www.stopsurveillance.org/

 

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17. Juni 2013 1 17 /06 /Juni /2013 08:54

Die Zusammenarbeit zwischen US-Geheimdiensten und amerikanischen Unternehmen ist laut einem neuen Medienbericht noch breiter als es die jüngsten Enthüllungen vermuten ließen.

Tausende Firmen versorgten die Geheimdienste mit Informationen und bekämen im Gegenzug Vorteile wie Zugang zu geheimen Spionage-Erkenntnissen, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf informierte Personen. Die Unternehmen gäben dabei Informationen wie Geräte-Spezifikationen weiter, um Kundendaten gehe es nicht. Mit solchem Wissen könnten die Geheimdienste zum Beispiel fremde Computer leichter ausspähen.

An diesen Kooperationen beteiligten sich verschiedenste US-Unternehmen wie Hersteller von Software und Geräten, Banken, Anbieter von Satelliten-Kommunikation und Spezialisten für Internet-Sicherheit, schrieb Bloomberg.

So liefere der Windows-Riese Microsoft Geheimdiensten Informationen über Fehler in seiner Software, bevor die Schwachstellen mit Updates geschlossen werden. Ein Konzern-Sprecher sagte Bloomberg, solche Vorab-Hinweise sollten der Regierung einen Vorsprung für die Risiko-Einschätzung geben. Die Bloomberg-Quellen betonten zugleich, solche Unterstützung durch Microsoft und andere Unternehmen erlaube es den US-Diensten, Schwachstellen in Software auszunutzen, die an Regierungen anderer Länder verkauft werde.

Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hatte vergangene Woche von einer weitreichenden Überwachung des Internet vor allem durch den Abhör-Dienst NSA berichtet. 

Wer weiß, dass die NSA, der US-Militärgeheimdienst, seit Jahrzehnten weltweit im Spionagesystem Echelon mit Abhörstationen und Weltraumsatelliten Telefonate, Faxverbindungen und Internetdaten überwacht, den wird nicht überraschen, dass derselbe Nachrichtendienst seit ein paar Jahren mit dem Spionagesystem PRISM heimlich unsere digitale Kommunikation der totalen Überwachung unterworfen hat.

Vergangene Woche verriet der 29-jährige Edward Snowden, wie der amerikanische Geheimdienst NSA weltweit Bürger via Internet ausspioniert. Ein klassischer Whistleblower also. Auch Guido Strack, Gründer des Whistleblower-Netzwerks hat auf Missstände hingewiesen, als er noch Beamter bei der EU-Kommission in Brüssel war.

Das Ergebnis: Er wurde früh-pensioniert - mit 40 Jahren und gründete daraufhin das deutsche Whistleblower-Netzwerk. In den USA hätte sich das öffentliche Verständnis für so genannte Geheimnisverräter durch Snowdens Tat jedoch nicht sehr verbessert, meint Strack. Der Mainstream in den USA scheine sich sogar ohnehin mit Abhöraktionen, Datenspeicherung und Spionage, sowohl gegenüber Ausländern, als auch Amerikanern, anfreunden zu können, wenn es der Sicherheit diene.

Quelle: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/marktundmedien/2144628/

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20. August 2011 6 20 /08 /August /2011 19:04

Die ausdrückliche Betonung einer terroristischen Gefahr versetzt Regierungen in die Lage, Überwachungs- und Kontrollinstrumente zu installieren, die ohne das Bedrohungspotenzial am Widerstand der Bevölkerung gegen eine Einschränkung ihrer Freiheit und Grundrechte scheitern würden. Hierbei wird die irrationale Angst der Menschen vor Anschlägen, Tod und Zerstörung genutzt, um Mehrheiten für Maßnahmen zu gewinnen, die ohne diese Angst nicht durchsetzbar wären.

Die Durchsetzung der sogenannten Anti-Terror-Gesetze erfolgte unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001 in den USA. Bis heute ist die Bundesregierung, allen voran der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, darum bemüht, die angebliche Bedrohung unserer Sicherheit durch den islamistischen Terrorismus gegenüber der Bevölkerung zu betonen.

Ein aktueller Bericht von Europol zählt für das Jahr 2010 in Europa insgesamt 249 terroristische Straftaten. Hiervon hatten lediglich drei (sic!) Vorfälle einen islamistischen Hintergrund. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, nach den tatsächlichen Zielen, die mit der stetigen Verschärfung der staatlichen Kontrolle und Überwachung zulasten der Freiheits-, Bürger- und Grundrechte der Bevölkerung verbunden sind. ..

Die staatlichen Maßnahmen zur Terrorabwehr erfüllen vor allem einen Zweck: Sie erzeugen in der gesamten Gesellschaft eine Atmosphäre der Überwachung und der Kontrolle. Wer sich kontrolliert fühlt, der übt in Bezug auf öffentliche Äußerungen Zurückhaltung. Die Menschen wissen, dass ihr Kommunikationsverhalten protokolliert wird und entwickeln eine Vorstellung davon, dass jemand aufmerksam mithören kann, wenn sie  sich in ihren Wohnungen, am Telefon, per SMS, per E-Mail oder im Internet äußern.

Eine unbefangene zwischenmenschliche Kommunikation bildet die zwingende Voraussetzung für eine offene, demokratische Gesellschaft.

Staatskritisches Engagement und die Aufmerksamkeit gegenüber Missständen in Staat und Gesellschaft bedingen eine angstfreie Atmosphäre, in der niemand befürchten muss, für seine offene Meinungsäußerung verfolgt oder bestraft zu werden.

Der Preis für die staatlichen Maßnahmen gegen den Terrorismus ist also der Verlust der offenen Bürgergesellschaft. Vor dem Hintergrund der belegten Wirkungslosigkeit von Kontrolle und Überwachung auf die angebliche Gefahr durch den Terrorismus stellt sich insofern die Frage, ob nicht genau diese Entdemokratisierung der Gesellschaft und die zunehmende Reglementierung ihrer Bürger in der Absicht der Befürworter von Law & Order liegt.

Quelle:  Politik Blog von Jacob Jung

Sicherheit statt Freiheit: Hintergründe zum Anti-Terror-Gesetz

18.08.2011 – Gestern hat das Bundeskabinett einer Verlängerung der sogenannten Anti-Terror-Gesetze um weitere vier Jahre zugestimmt. Das ursprüngliche „Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ war als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 von der damaligen Bun desregierung vorgeschlagen worden. Nach der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat trat es am 1. Januar 2002 in Kraft und war zunächst auf fünf Jahre befristet.

Im Jahr 2007 wurde das Gesetz zunächst um weitere fünf Jahre verlängert. Mit der gestrigen Entscheidung gelten die maßgeblichen Regelungen des Gesetzes nun für weitere vier Jahre, also bis zum Januar 2016.

Der folgende Beitrag klärt über den Inhalt des Gesetzes auf, lässt Politiker und Datenschützer über seine Inhalte und deren Konsequenzen zu Wort kommen und beleuchtet die Umstände, unter denen das umstrittene Gesetz zustande gekommen ist.

Das „Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus“ im Detail

Bei dem Gesetz, das im allgemeinen Sprachgebrauch meist als Anti-Terror-Gesetz bezeichnet wird, handelt es sich um ein Artikelgesetz. Es nimmt insofern gleichzeitig mehrere Änderungen an Bundesgesetzen zur Inneren Sicherheit vor.

Im Folgenden werden die Änderungen in Bezug auf die maßgeblichen Gesetze einzeln vorgestellt. Am Ende dieses Abschnittes findet sich eine kurze Zusammenfassung der Änderungen.

Bundesverfassungsschutzgesetz

Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf im Verdachtsfall folgende Auskünfte einholen, für 10 bis 15 Jahre speichern und an andere Stellen weitergeben:

  • Bei Banken und Finanzunternehmen: Informationen über Konten, Kontoinhaber, Berechtigte, Geldbewegungen und Geldanlagen.
  • Bei Postdienstleistern: Informationen über Namen, Anschriften, Postfächer und sonstige Umstände des Postverkehrs.
  • Bei Luftfahrtunternehmen: Informationen über Namen, Anschriften, Transportleistungen und sonstigen Umständen des Luftverkehrs.
  • Bei Telekommunikationsunternehmen: Informationen zu Verbindungsdaten, Zugangsdaten, Kartennummern, Standortdaten, anrufende und angerufene Anschlüsse, Beginn und Ende der Verbindung und Art der Telekommunikationsdienstleistung.

MAD-Gesetz

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) darf auf Antrag Telekommunikationsdaten, also Informationen zu Verbindungsdaten, Zugangsdaten, Kartennummern, Standortdaten, anrufende und angerufene Anschlüsse, Beginn und Ende der Verbindung und Art der Telekommunikationsdienstleistung einholen, speichern und weitergeben.

BND-Gesetz

Der Bundesnachrichtendienst (BND) darf im Einzelfall bei Banken und Finanzunternehmen Informationen über Konten, Kontoinhaber, Berechtigte, Geldbewegungen und Geldanlagen und bei Telekommunikationsunternehmen Informationen zu Verbindungsdaten, Zugangsdaten, Kartennummern, Standortdaten, anrufende und angerufene Anschlüsse, Beginn und Ende der Verbindung und Art der Telekommunikationsdienstleistung einholen, speichern und weitergeben.

Bundesgrenzschutzgesetz

Der Zuständigkeitsbereich des Bundesgrenzschutz wird auf eine Tiefe von 30 Kilometern bei Landesgrenzen und 50 Kilometern bei Seegrenzen erweitert. Das Bundesinnenministerium wird ermächtigt, das entsprechend bezeichnete Gebiet mit Zustimmung des Bundesrates auszudehnen.

Der Bundesgrenzschutz kann zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung an Bord deutscher Luftfahrzeuge eingesetzt werden.

Passgesetz

Der Pass darf neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern, Händen oder Gesicht des Passinhabers enthalten. Die Merkmale dürfen in verschlüsselter Form in den Pass eingebracht werden.

Gesetz über Personalausweise

Der Personalausweis darf neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern, Händen oder Gesicht des Ausweisinhabers enthalten. Die Merkmale dürfen in verschlüsselter Form in den Personalausweis eingebracht werden.

Vereinsgesetz

Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind können unter anderem unter folgenden Voraussetzungen verboten werden:

  • Wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeit die politische Willensbildung in Deutschland, das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen, die öffentliche Sicherheit oder öffentliche Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der BRD beeinträchtigt oder gefährdet.
  • Wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeit völkerrechtlichen Verpflichtungen der BRD zuwiderläuft.
  • Wenn ihr Zweck oder ihre Tätigkeit Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll.

Bundeskriminalamtgesetz

Das Bundeskriminalamt darf Daten zur Ergänzung von Sachverhalten oder zum Zweck der Auswertung von nichtöffentlichen und öffentlichen Stellen, von Polizei- und Justizbehörden anderer Staaten und von internationalen Organisationen, die mit der Verfolgung und Verhütung von Straftaten befasst sind, erheben und nachfragen.

Ausländergesetz

Aufenthaltsgenehmigungen werden nach einem einheitlichen Vordruckmuster mit einer Seriennummer und einer Zone für das automatische Lesen erstellt.

Die Aufenthaltsgenehmigung darf neben dem Lichtbild und der Unterschrift weitere biometrische Merkmale von Fingern, Händen oder Gesicht des Inhabers enthalten. Die Merkmale dürfen in verschlüsselter Form in die Aufenthaltsgenehmigung eingebracht werden.

Öffentliche Stellen dürfen die in der Zone für das automatische Lesen gespeicherten Daten zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben speichern, übermitteln und nutzen.

Zur Bestimmung des Herkunftsstaates von Ausländern darf das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden.

Ausländer können ausgewiesen werden, wenn sie falsche Angaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung gemacht haben oder nicht an den geltenden gesetzlichen Maßnahmen mitgewirkt haben...

Daten, die im Rahmen eines Visumverfahrens oder des Antrags auf Aufenthaltsgenehmigung erhoben wurden, dürfen an den Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst, das Bundeskriminalamt und das Zollkriminalamt übermittelt werden.

Asylverfahrensgesetz

Zur Bestimmung des Herkunftsstaates und der Identität von Ausländern und zur Zuordnung von Beweismitteln kann das gesprochene Wort von Ausländern außerhalb der förmlichen Anhörung auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden.

Sozialgesetzbuch

Gespeicherte Sozialdaten, insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, Staats- und Religionsangehörigkeit, frühere und derzeitige Anschrift, derzeitiger oder zukünftiger Aufenthalt, Namen und Anschriften früherer und derzeitiger Arbeitgeber und Informationen über erbrachte oder künftig zu erbringende Geldleistungen können zur Rasterfahndung eingesetzt werden.


Zusammenfassung

Zusammengefasst erweitert das sogenannte Anti-Terror-Gesetz die Befugnisse des Verfassungsschutzes, des Militärischen Abschirmdienstes, des Bundesnachrichtendienstes, des Bundesgrenzschutz und des Bundeskriminalamtes erheblich.

Die Behörden erhalten unterschiedliche Genehmigungen, personenbezogene Daten von Banken, Finanzunternehmen, Postdienstleistern und Telekommunikationsunternehmen zu erheben, zu speichern und weiterzugeben. Darüber hinaus dürfen Sozialdaten zur Rasterfahndung eingesetzt werden.

Der Bundesgrenzschutz kann zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung an Bord deutscher Luftfahrzeuge eingesetzt werden. Der Zuständigkeitsbereich des Bundesgrenzschutz wird bei Landesgrenzen um 30 und bei Seegrenzen um 50 Kilometer Entfernung zur jeweiligen Grenze erweitert. 

Pässe, Personalausweise, Aufenthalts- und Duldungsgenehmigungen werden mit biometrischen Merkmalen und einer Zone zum automatisierten Auslesen von Daten ausgestattet. Öffentliche Stellen dürfen die verschlüsselten Daten auslesen, übermitteln und nutzen.

Sogenannte Ausländervereine dürfen verboten werden, wenn ihre Tätigkeit die politische Willensbildung in Deutschland beeinträchtigt.

Ausländer und Asylbeantragende dürfen außerhalb der förmlichen Anhörungen abgehört werden, um ihre Herkunft und ihre Identität zu ermitteln. ...

 

Quelle: http://jacobjung.wordpress.com/2011/08/18/sicherheit-statt-freiheit-hintergrunde-zum-anti-terror-gesetz/

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17. Juni 2011 5 17 /06 /Juni /2011 17:36

Am Donnerstag eröffnete Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Bonn ein »Cyber-Abwehrzentrum« als Plattform für Polizei, Geheimdienste und Militär. Es soll öffentliche und private Infrastruktur vor Hackerattacken schützen.

Um Staat und Wirtschaft in Zukunft besser vor solchen Angriffen zu schützen, wurde nun das »Nationale Cyber-Abwehrzentrum« (Cyber-AZ) in Bonn-Mehlem gegründet. Sein Vorbild ist das »Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum« (GTAZ) in Berlin-Treptow. Auch dort arbeiten Beamte unterschiedlicher Behörden eng zusammen.

Eine gesetzliche Grundlage für dieses Zusammenwirken gibt es nicht, es basiert allein auf »Kooperationsvereinbarungen«. Der Grund ist klar: Wenn die Mitarbeiter aus Polizei und Geheimdiensten zwar eine gemeinsame »Arbeitsplattform« haben, aber weiterhin ihren Behörden unterstehen, bleibt das grundgesetzliche Trennungsgebot formal gewahrt. Gleichzeitig wird die parlamentarische Kontrolle durch die Zuständigkeit verschiedener Behörden und ihrer unterschiedlichen Geheimhaltungsbedürfnisse erschwert bis unmöglich gemacht.

Im Gegensatz zum »Terror-Abwehrzentrum« kommt beim Cyber-AZ die Bundeswehr als Kooperationspartner hinzu. Schließlich soll es um die Abwehr der Angriffe gehen, und da ist es allein mit Informationsaustausch und Aufdecken von Sicherheitslücken nicht getan, schreibt die Bundesregierung in einer Stellungnahme.

Quelle: Bundesregierung im Cyberwar »Nationales Abwehrzentrum« soll Staat und Wirtschaft vor Hackerangriffen schützen http://www.jungewelt.de/2011/06-17/045.php

weitere Quellen : - Die Internet-Soldaten von Bonn-Mehlem http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0616/tagesthema/0032/

- Sicherheitsexperte zweifelt am neuen Cyber-Abwehrzentrum  IT-Experte Gaycken bezweifelt im tagesschau.de-Interview, dass das funktioniert. http://www.tagesschau.de/inland/interviewcyberabwehrzentrum100.html

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9. Juni 2011 4 09 /06 /Juni /2011 02:08

Die Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger -kurz Rückführungsrichtlinie- enthält auch Mindeststandards für die Abschiebehaft. Sie gilt  für alle Staaten der EU außer Dänemark, Großbritannien und Irland sowie außerhalb der EU in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz. Die Frist für die innerstaatliche Umsetzung ist am 24.12.2010 abgelaufen. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Richtlinie bisher nicht in nationales Recht umgesetzt. Insofern gilt sie unmittelbar. Auch dann, wenn die Richtlinie die Abschiebehaft selbst nicht in Frage stellt, formuliert sie restriktivere Standards, was sich allerdings in der Rechtspraxis der mit Abschiebehaft befassten Behörden in Deutschland kaum niedergeschlagen hat.

1. Abschiebehaft wird zu schnell, zu oft und oft zu Unrecht verhängt

 Druckversion

Der Rechtsanwalt Peter Fahlbusch aus Hannover, der als Migrationsrechtler seit vielen Jahren mit Ausweisungs- und Abschiebehaftsachen befasst ist, hat eine private Statistik seiner Tätigkeit seit 2002 aufgestellt: 257 der 713 vertretenen Mandanten und damit mehr als 1/3 wurden zu Unrecht festgenommen und/oder ganz oder jedenfalls über einen gewissen Zeitraum inhaftiert. Zusammengezählt macht das 6.880 Tage – das sind knapp 19 Jahre – rechtswidriger Haft. Jeder rechtswidrig Inhaftierte befand sich durchschnittlich 27 Tage zu Unrecht in Haft. Und das nicht etwa, weil Hannover so ein Hort des Unrechts wäre, die Zahlen hier in München wären sicher ähnlich.

Das BVerfG hat 2008/2009 insgesamt 8 Entscheidungen zur Abschiebehaft getroffen, in denen es Beschlüsse der Instanzgerichte aufgehoben hat. Wer die hohen Hürden für Verfassungsbeschwerden kennt, weiß, dass hier ganz eklatante Rechtsverstöße vorlagen.

Seit der BGH für die Entscheidung über Rechtsbeschwerden zuständig ist, wurde in 70% der Fälle zugunsten der Betroffenen entschieden.

Leider kommen diese Entscheidungen oft zu spät. Es sind vielfach Entscheidungen über die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft nach Erledigung der Hauptsache durch Vollzug der Abschiebung oder manchmal auch verspätete Freilassung.

Wohlgemerkt es geht hier um massivste Eingriffe in die Grundrechte. Menschen werden ohne den Verdacht einer Straftat der Freiheit beraubt und dies oft über mehrere Monate.

Woran liegt es:

Meistens sind die zuständigen Haftrichter der 1. Instanz auch die Ermittlungsrichter, sie erhalten normalerweise die Vorgaben von der Staatsanwaltschaft und übernehmen unkritisch die Anträge der Ausländerbehörde ohne nähere Überprüfung. So wird z.B. nicht überprüft, ob ein Bescheid auch wirksam zugestellt wurde, ob eine Abschiebung in den nächsten drei Monaten überhaupt möglich und durchführbar ist. Obwohl § 417 Abs.2 FamFG bestimmt, dass die Behörde im Verfahren mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen, d.h. die Ausländerakte vorlegen soll, geschieht dies beim AG in der Regel nicht. Die nach § 420 FamFG vorgeschriebene Anhörung ist oft eine Farce. Ein Vertreter der Ausländerbehörde ist – jedenfalls so weit ich es hier in München und Erding erlebe – beim AG nicht anwesend. Die Beschlüsse sind meistens schon vor der Anhörung fertig geschrieben und werden dem Betroffenen nur noch überreicht. Ehegatten werden nicht angehört, Haft wird über drei Monate hinaus verhängt, obwohl die Untätigkeit der Behörde und damit ein Verstoß gegen das Beschleunigungsprinzip offensichtlich ist, Fristen werden nicht beachtet, z.B: die Frist zur Entlassung nach 4 Wochen nach Stellung eines Asylantrages.

Erst in der Berufungsinstanz wird oft gründlicher gearbeitet, die Behördenakten beigezogen, die Ausländerbehörde  und sonstige Beteiligte geladen und befragt.

Ich habe in München und Erding in den letzten zehn Jahren nicht einen einzigen Fall erlebt, in dem der Haftrichter beim AG einen Antrag der Ausländerbehörde abgelehnt hätte. Vom  LG wurden  allerdings viele Entscheidungen aufgehoben, auch hier leider oft nach Erledigung der Hauptsache.

Die Befürchtungen, dass die Revisionsinstanz mit der neuen Zuständigkeit des BGH statt bisher des OLG wirkungslos wird, haben sich erfreulicherweise nicht bestätigt. Der BGH hat in diesem Jahr bereits 8 positive Entscheidungen getroffen, davon in einigen Fällen sogar die Haft per einstweiliger Anordnung aufgehoben.

2. Verbesserung oder Verschlimmerung durch das FamFG und die RL

2008/115/EG

Seit 01.09.2009 gilt in allen Freiheitsentziehungssachen außerhalb des Strafprozesses das 7. Buch des FamFG. Verfahrensrechtlich hat dies einige Verbesserungen gebracht, aber auch Erschwernisse, insbesondere durch die gesetzliche Zuständigkeit des BGH für die Rechtsbeschwerde. Zu Recht weist Martin Heiming im Grundrechte Report 2011 darauf hin, dass damit nur beim BGH zugelassene Anwälte in der Rechtsbeschwerde tätig werden dürfen. Dies bedeutet erheblichen Zeitverlust, da der BGH-Anwalt sich ja erst einarbeiten muss, keinen persönlichen Kontakt mit dem inhaftierten Mandanten hat, Verfahrenskostenhilfe  beantragt werden muss (Mandanten in Abschiebehaft haben meistens kein Geld) und auch ein geeigneter BGH Anwalt gefunden werden muss. Dies alles hat offenbar zu einem drastischen Rückgang der Rechtsbeschwerden geführt. Die Forderung von Heiming nach einer Änderung der ZPO und Zulassung aller Anwälte in Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem 7.Buch des FamFG vor dem BGH verdient Unterstützung.

Dennoch: die Befürchtung, BGH Anwälte würden hier keine oder unzulängliche Vertretungen übernehmen und der BGH würde restriktiv entscheiden, haben sich so nicht bewahrheitet: es gibt durchaus einige sehr wichtige Grundsatzentscheidungen des BGH. So hat der BGH jetzt schon mehrfach entschieden, dass bereits der Haftantrag der Ausländerbehörde unzulässig ist, wenn die notwendige Zustimmung der Staatsanwaltschaft zu einer Abschiebung nicht vorliegt.

Das FamFG hat einige Mindestanforderungen an die Haftanträge der Ausländer- oder sonstiger zuständiger Behörden formuliert. Es schreibt eigentlich die Anhörung der Beteiligten vor, was aber vom AG fast immer unterlassen wird. Ferner regelt das FamFG in § 63, dass die Beschwerde auch nach Erledigung der Hauptsache bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen immer zulässig ist.

Die RL 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (welches bürokratische Monster-Wortgetöse!) regelt auch die Abschiebung und im Kap. IV die Voraussetzungen, maximale Dauer der Haft sowie die Haftbedingungen.                Hier stehen so schöne Sätze wie:
„ Die Inhaftnahme wird in jedem Fall in gebührenden Zeitabständen überprüft“ oder „Stellt sich heraus, dass aus rechtlichen oder anderweitigen Erwägungen keine hinreichende Aussicht auf Abschiebung mehr besteht, so ist die Haft nicht länger gerechtfertigt und die betroffene Person unverzüglich freizulassen.“

Auf Drängen Deutschlands wurde die Hafthöchstgrenze von 18 Monaten übernommen bei „mangelnder Kooperationsbereitschaft“ oder „Verzögerung bei der Übermittlung der erforderlichen Unterlagen durch Drittstaaten.“ Hierbei handelt es sich um äußerst unbestimmte und dehnbare Rechtsbegriffe, was ich für sehr bedenklich halte.  Auch wenn die in Deutschland etwas präzisere Regelung für die Verlängerung der Haft über 6 Monate hinaus hier Gültigkeit hat, bietet die VO den Ausländerbehörden Anreize, Anträge auf Haftverlängerung über 6 Monate bei „mangelnder Kooperationsbereitschaft“ zu stellen, auch wenn nach § 62 Abs.3 AufenthG ein „Verhindern“  vorliegen muss. Das liest sich dann so: „Die Ausländerbehörde hat unverzüglich nach Anordnung der Abschiebungshaft die Beschaffung von Passersatzpapieren eingeleitet. Der Betroffene hat sich jedoch sehr unkooperativ gezeigt und erst nach mehreren Aufforderungen den Antrag unterschrieben.“ Erst das LG stellte fest, dass dem nicht deutsch und nicht englisch sprechendem Inder die Aufforderung zum Ausfüllen der Anträge in deutscher Sprache über einen JVA Bediensteten übermittelt wurden, ohne das der Betroffene überhaupt wusste um was es ging.

Zu den Haftbedingungen enthält die Richtlinie, die bis 24.12.2010 umgesetzt werden musste, klare Regelungen, gegen die jedenfalls in Bayern weiterhin verstoßen wird: „Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen“ Nur wenn in einem Mitgliedstaat solche Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind, so müssen Abschiebehäftlinge zumindest gesondert von Strafgefangenen untergebracht werden. Dies bezieht sich eindeutig  -dies wird in einem Schreiben der Europäischen Kommission bestätigt – auf das Gesamtterritorium eines Mitgliedstaates.  Da in Bayern männliche Personen in Abschiebehaft zwar in München und Nürnberg getrennt, aber in einer JVA und weibliche Personen in Abschiebehaft sogar zusammen zumindest mit U-Häftlingen untergebracht werden, liegt ein klarer Verstoß gegen die RL vor, Abhilfe scheint derzeit nicht in Sicht. Die RL schreibt in Art.17 vor, dass Kinder und Familien nicht inhaftiert werden sollen, und dass sie, wenn sie gleichwohl inhaftiert werden, dann gemeinsam untergebracht werden müssen unter Berücksichtigung der Privatsphäre. Da dies in JVAs nicht möglich is wird nur der Familienvater quasi in „Geiselhaft“ genommen. Auch dies eine Umgehung der RL.

Mit Forderungen nach speziellen Hafteinrichtungen sollten wir uns – denke ich – zurückhalten, wenn wir die Abschiebehaft insgesamt abschaffen wollen. Aber selbstverständlich muss trotzdem mit allen rechtlichen und politischen Mitteln die Einhaltung der Mindeststandards gefordert werden.

3. Haftentschädigung als Druckmittel

Es dürfte sich herumgesprochen haben, dass für rechtswidrige Haft nach Art. 5 Abs.5 EMRK verschuldensunabhängige Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können. Die Höhe des immateriellen Schadenersatzes als Schmerzensgeld wird bis jetzt höchst unterschiedlich berechnet. Fest steht nach der Rechtsprechung des BGH, dass keine Bindung an die Sätze des StrEG (25 € pro Tag) besteht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte  in Straßburg hat z.T. sehr hohe Beträge zugesprochen. In München konnten wir in zwei Fällen 100,00 €/Tag durchsetzen, aber auch nur, weil die Haftpflichtversicherung der Stadt zahlte und erst jetzt bemerkt hat, dass es hier um verschuldensunabhängige Schadenersatzleistungen geht.

Bundesweit scheinen sich Ausländerbehörden und Justizverwaltungen darauf geeinigt zu haben, pro Tag rechtswidriger Haft 25 € für angemessen und ausreichend anzusehen. Die Nutzungsausfallentschädigung für einen Mittelklassenwagen nach fremdverschuldetem Unfall liegt weit darüber.

Hier gilt es zu kämpfen, wenn die Kommunen für unrechtmäßige Haftanträge der Ausländerbehörden zur Kasse gebeten werden, prüft der eine oder andere Sachbearbeiter vielleicht doch genauer und überlegt die Stellung von Haftanträgen. Natürlich bleibt das Ziel, Haft zu vermeiden, aber warum sollen wir nicht um hohe Haftentschädigungen bei unrechtmäßiger Haft kämpfen.

Menschen in Abschiebehaft haben keine Lobby. Sie sind oft verzweifelt, es kommt immer wieder zu Selbstmorden. Der Jesuiten Flüchtlingsdienst betreut seit zwei Jahren auch in München Menschen in Abschiebehaft. Es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit mit auf Ausländerrecht spezialisierten Anwältinnen und Anwälten und es gibt einen  Rechtshilfefonds. So werden zumindest die meisten Fälle erfasst und in geeigneten Fällen Rechtsmittel eingelegt. 2010 kam es bei 208 betreuten Fällen in 70 Fällen, also bei 30% zur Freilassung. Allein das zeigt die Bedeutung und Notwendigkeit einer solchen Betreuung, die aber in nur sehr wenigen Haftanstalten gegeben ist. Auch dies seit langem eine berechtigte Forderung der VDJ.

Der Text basiert auf einem Vortrag auf der Bundesvorstandssitzung der VDJ in München am 28.05.2011 von Rechtsanwalt Michael Sack, München

Quelle: http://www.rechtprogressiv.de/das-elend-der-abschiebehaft/

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3. Juni 2011 5 03 /06 /Juni /2011 19:51

Auch wenn die EU über keinen offiziellen Geheimdienst verfügt, kommt das sogenannte „EU Joint Situation Centre“ (SitCen) einem solchen schon ziemlich nahe. Bei der Sitzung des Europäischen Rates im Juni 1999 wurde das bis dato bei der Westeuropäischen Union (WEU) angesiedelte SitCen der EU unterstellt (NN 2010). Ab 2001 wurde es von einigen Mitgliedsstaaten zur geheimdienstlichen Struktur ausgebaut (Shapcott 2008:27). Es verfügt über eine Abteilung, die 24 Stunden am Tag Informationen, beispielsweise aus Nachrichtenmedien und Satellitenbildern, sammelt und auswertet, die sogenannte „General Operation Unit“ oder „alert desk“. Dabei fokussiert sich die Einheit auf mögliche Krisenregionen und auf die beiden sehr umfangreichen Themengebiete des „Terrorismus“ und der „Verbreitung von Massenvernichtungswaffen“.[3] Hinzu kommt eine Abteilung, die „Communication Unit“, die aus Geheimdienstangestellten der wichtigsten Mitgliedsstaaten besteht und den Europäischen Rat mit „außenpolitisch bedeutsamen Informationen“ versorgt.[4] Mit dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ wurde das SitCen enorm aufgewertet: Am 01.02.2005 wurde eine Anti-Terror-Abteilung, die sogenannte „Civilian Intelligence Cell (CIC)“, im SitCen aufgestellt. Ihr Aufgabenschwerpunkt ist „Terrorbekämpfung“, wobei sie sich hauptsächlich mit „Bedrohungen“ und möglichen Angriffszielen innerhalb der EU befasst. Besonderer Schwerpunkt der Berichte ist hierbei das Risiko für Transportwege und kritische Infrastruktur von EU-Mitgliedsstaaten (NN 2010). Doch nicht alle Mitgliedsstaaten haben einen Sitz in der Anti-Terror-Abteilung des SitCen: Nur Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, England und Finnland sind darin vertreten.

Das SitCen unterstand mit seinen insgesamt 110 Angestellten (darunter auch welche des BND) bis zum 01.01.2011 dem Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der Europäischen Kommission, Cathrin Ashton. Jetzt ist es in den neu gegründeten „Europäischen Außwärtigen Dienst (EAD)“, deren Direktorin Ashton nun ist, an zentraler Stelle eingegliedert worden.[5] Am 17.12.2010 wurde der Leiter des Finnischen Geheimdienstes, Ilkka Salma, als Nachfolger für Shapcotts Posten als Direktor des SitCen im EAD ernannt.[6] Im EAD gehört das SitCen zu den Krisenmanagementwerkzeugen.

Das SitCen hat verschiedene Funktionen. Vier davon erscheinen mir als zentral: Erstens verwendet das Lagezentrum einen großen Teil seiner Arbeit - soweit darüber etwas bekannt ist - auf die Analyse potentieller innerer Bedrohungen in der Europäischen Union. „Terrorismus“ und „islamistischer Fundamentalismus“ gehören zu seinen Aufgabenschwerpunkten (Buuren 2009). Damit nimmt das SitCen eine wichtige Rolle in der inneren Sicherheitsarchitektur der EU ein.

Zweitens spielt das SitCen eine wichtige Rolle bei der Angleichung, Annäherung und Einebnung der Sicherheitspolitiken der Mitgliedsstaaten. Das SitCen fasst die Einzeldaten der nationalen Geheimdienste zusammen und erstellt daraus eine Analyse der wichtigsten Bedrohungen für die EU. Damit hat das SitCen eine gewisse Definitionsmacht, wenn es darum geht, welche Bedrohungen als die wichtigsten gelten. Durch den Aufbau eines gemeinsamen Verständnisses der brisantesten Bedrohungen wird außerdem das Zusammenwachsen der europäischen Sicherheitsarchitektur vorangetrieben.

Drittens können ohne die Grundlage der Informationen des SitCen kaum die Krisenmanagementpapiere erstellt werden, die für die Vorbereitung von GASP-Missionen (Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) erforderlich sind.

Und viertens kann das SitCen selbst operative Einsätze durchführen. Damit können Missionen unterstützt oder, wie in Haiti (siehe „Operatives Einsatzgebiet des SitCen: Haiti“), selbst in die Hand genommen werden. Gleichzeitig kann eine ungleich höhere Informationsqualität erreicht werden, da das SitCen direkt im Geschehen involviert ist.

Quelle: <http://www.imi-online.de/download/06schumacher_juni2011.pdf>

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2. Juni 2011 4 02 /06 /Juni /2011 03:45

Rüstungskonzern soll Trainerhonorare an Polizisten bezahlen. Der bereits stark kritisierte Einsatz von Beamten der deutschen Bundespolizei in Saudi-Arabien ist einem Medienbericht zufolge auch ein Dienstleistungsauftrag für den europäischen Rüstungskonzern EADS. EADS habe den milliardenschweren Auftrag für den Aufbau einer Grenzsicherungsanlage in Saudi-Arabien auch deshalb bekommen, weil die Bundespolizei die Ausbildung saudi-arabischer Sicherheitskräfte übernommen habe, berichtete "Fakt" am Sonntag unter Berufung auf interne Projektpapiere und Verträge. EADS zahle Trainerhonorare an Bundespolizisten. Ihr Grundgehalt erhielten sie aber weiter vom Innenministerium.

Quelle: http://derstandard.at/1304553185028/Deutsche-Bundespolizei-auch-fuer-EADS-im-Einsatz

 

ARD 29.05.2011 FAKT 30.05.2011 | 21:45 Uhr  Heikles Know-How aus Deutschland für Saudi-Arabien Nach wochenlangen Recherchen liegen dem MDR neue Belege dafür vor, dass deutsche Beamte in Saudi-Arabien für den Rüstungskonzern EADS arbeiten. Aus internen Unterlagen geht außerdem hervor, dass die Bundespolizisten saudische Sicherheitskräfte für Situationen wie Demonstrationen und Unruhen fit machen. http://www.mdr.de/fakt/8654158.html

Downloadmöglichkeit für das Manuskript zu einem ersten Betrag bei FAKT im April dieses Jahres: ARD 04.04.2011 FAKT  Was treibt die Bundespolizei in Saudi-Arabien? http://www.mdr.de/fakt/8420448.html

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