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19. September 2018 3 19 /09 /September /2018 17:47

Süchtig nach schneller Belohnung und mehr Selbstwertgefühl. Kinder und Jugendliche seien deutlich häufiger abhängig von Smartphones und Spielen als Erwachsene, sagte der Lübecker Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf im Dlf. Im Kampf gegen den Kontrollverlust sei neben den Eltern auch die Industrie gefragt.

"Onlineaktivitäten werden bevorzugt und alles andere kann so weit in den Hintergrund treten, dass man sich darin völlig verliert", "Glücksgefühle im Gehirn" 

Hans-Jürgen Rumpf DLF im Gespräch mit Stefan Fries

!!Fries:!! Welche Elemente sind das denn, die bei Smartphones oder bei sozialen Netzwerken diese Abhängigkeit hervorrufen? Was ist daran so spannend, dass ich mich nicht mehr davon lösen kann?

!!Rumpf:!! Das Gemeinsame dieser Anwendungen ist, dass der Selbstwert gestärkt wird und man sehr schnell eine Belohnung bekommt. Vieles, was man sonst sich erst erarbeiten muss, geht dort sehr schnell. Und eine Belohnung kann so aussehen, dass man in einem Spiel einen Erfolg erzielt, dass man zum Beispiel auch bei sozialen Netzwerken sehr viele Rückmeldungen bekommt auf seine Postings oder auf seine Fotos, und das setzt Glücksgefühle frei im Gehirn. Das geht sehr schnell, ist sehr schnell erreichbar, und einige Menschen wollen das dann immer erneut erleben. Und dadurch kann halt so ein Prozess in Gang gesetzt werden, dass eine Abhängigkeit entsteht.

!!Fries:!! Von wie vielen Abhängigen in Deutschland sprechen wir denn?

!!Rumpf:!! Wir müssen von ungefähr ein bis zwei Prozent der Allgemeinbevölkerung ausgehen. Wir haben allerdings weitaus höhere Raten bei den jungen Menschen, und es gibt noch eine bundesweite Studie, die zeigt, dass wir dort Anstiege zu verzeichnen haben. Wir kommen dann eher so in Richtung fünf Prozent bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen, und wir haben gerade bei den jungen Frauen und den Mädchen einen Anstieg um fast das Doppelte zu verzeichnen bei zwei Erhebungen, so dass wir gerade da auch die sozialen Netzwerke als einen Risikofaktor ansehen. Denn das ist das, was die Frauen und Mädchen machen im Gegensatz zu den Jungen und den Männern, die dann eher Computerspiele betreiben.

"Noch nicht so stark kontrollieren, was sie tun"

!!Fries:!! Warum sind Kinder und Jugendliche denn stärker betroffen als Erwachsene?

!!Rumpf:!! Das liegt zum einen daran, dass diese Anwendungen sehr viel üblicher sind als bei älteren Menschen. Die jungen Menschen wachsen damit sozusagen auf, es ist ein Teil ihres Lebens, und sie werden da sehr viel stärker involviert als ältere Menschen. Zum anderen ist es so, dass insgesamt junge Menschen noch nicht so stark kontrollieren können, was sie tun, auch vielleicht Dinge lassen, weil es unvernünftig ist. Das hängt mit der Entwicklung auch des Gehirns zusammen. Es gibt so einen Teil des Gehirns, der für die Steuerung und Planung zuständig ist, und der ist erst im Alter von 21 voll ausgeprägt, sodass einfach Kinder und Jugendliche da empfänglicher sind.

!!Fries:!! Was können die Betroffenen und ihre Familien gegen so eine Abhängigkeit tun?

!!Rumpf:!! Zunächst mal ist es so, dass die Eltern natürlich einen Blick darauf haben sollten, was ihre Kinder machen. Die Eltern sollten sich interessieren dafür, sie sollten nicht gleich ablehnend reagieren. Man kann auch zusammen mit den Kindern Regeln erarbeiten. Regeln sind gut, das wissen wir auch aus Studien. Es müssen aber keine Regeln sein, die einfach ohne die Beteiligung der Kinder gesetzt werden, sondern da ist ein Miteinander sehr hilfreich.

Wenn die Probleme ausgeprägt sind, dann sollte man darüber nachdenken, weitergehende Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erste Anlaufstellen sind zum Beispiel Suchtberatungsstellen, die es in fast allen Regionen gibt und die auch in der Regel sich mit diesem neuen Konzept oder dieser neuen Krankheit so weit auskennen, dass sie Hilfestellung geben können.

!!Fries:!! Vor allem soziale Netzwerke leben ja davon, dass die Nutzer lange dranbleiben und dadurch  bekommen. Die Programmierer bauen diese Netzwerke ja auch oft so, dass man nicht abschalten will. Muss man denen denn auch strengere Regeln verordnen?

!!Rumpf:!! Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Gerade, wenn wir an die Computerspiele denken, sind die tatsächlich so aufgebaut, dass eine Bindung der Nutzer stattfindet und diese Bindung auch im schlimmen Fall bei einem Teil dann zu der Abhängigkeit führt. Und da ist es besonders wichtig auch im Sinne des Jugendschutzes, dass man die Computerspielindustrie in die Pflicht nimmt, auch mal drüber nachzudenken, wie die Altersfreigabe von solchen Spielen ist.

Bis dahin ist die einzige Regulierung, dass man schaut, wie viele Gewaltinhalte hat ein Spiel, wie viele sexuelle Inhalte hat ein Spiel, und daraufhin dann zu einer Empfehlung kommt, ab welchem Alter das Spiel genutzt werden sollte. Da ist dringend hinzuzufügen, dass man auch drüber nachdenken sollte, dass die Suchtgefährdung dort als Kriterium aufgenommen wird.

Einstellungen, die Programme automatisch unterbrechen

!!Fries:!! Und kann man noch so was einführen, dass man sagt, nach zwei, drei Stunden ist erst mal Schluss, und das Spiel lässt sich nicht mehr starten?

!!Rumpf:!! Es gibt eine ganze Reihe von sogenannten Shutdown-Programmen. Das bedeutet, nach einer gewissen Spielzeit geht das Spiel von allein aus, wird heruntergefahren. Das ist technisch möglich, ist von der Spielindustrie nicht sehr gewünscht. Es ist etwas, was man vonseiten der Eltern auch natürlich einbauen könnte, um die Kinder zu schützen.

Es wäre auch etwas für Betroffene, die schon merken, sie haben eine Suchtentwicklung oder sie haben dort eine problematische Entwicklung, dass sie auch für sich selbst zum Schutz solche Einstellungen dort vornehmen könnten und zum Beispiel dann nach einer halben Stunde oder eine Stunde ein Warnsignal bekommen, und vielleicht nach anderthalb oder zwei Stunden auch dieser Shutdown durchgeführt wird.

!!Fries:!! Hunderttausende Teenager und junge Erwachsene abhängig von sozialen Netzwerken, Computerspielen und Smartphones, sagt der Lübecker Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf im Deutschlandfunk.

Hören Sie diesen Beitrag in der Dlf Audiothek

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/suchtforscher-ueber-online-abhaengigkeit-suechtig-nach.2907.de.html?dram:article_id=428497

 

Definition von Sucht

Das Wort »Sucht« stammt vom althochdeutschen »suht« ab, das schlicht »Krankheit « bedeutete. Heute wird Sucht (auch: Abhängigkeit, Konsumstörung) mithilfe des WHO-Diagnoseklassifikationssystems (ICD) definiert. Demnach liegt eine Abhängigkeit vor, wenn mindestens drei dieser sechs Kriterien im vergangenen Jahr auftraten:

• Starkes Verlangen oder Zwang, die Substanz zu konsumieren

• Kontrollverlust (über Menge und Zeitpunkt des Suchtmittelkonsums)

• Körperliche Entzugserscheinungen, wenn die Substanz reduziert wird

• Für die gewünschte Wirkung braucht es immer größere Mengen der Substanz

• Andere Interessen werden vernachlässigt, es zählt nur noch die Droge

• Trotz Wissen um die schädlichen Folgen wird weiterkonsumiert

FORMEN VON SUCHT

Süchte werden in zwei Kategorien aufgeteilt: stoffgebundene und verhaltensgebundene. So sind medizinisch anerkannt die stoffgebundenen Abhängigkeiten von Alkohol und Tabak, von Medikamenten (insbesondere Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel auf Opioidbasis) und von illegalen Drogen (wie Cannabinoide, Kokain, Ecstasy, Halluzinogene).

Dazu kommen die verhaltensgebundene Spielsucht und neuerdings auch die Computer- und Mediensucht. »Hier gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die die notwendigen Kriterien für ein klinisches Störungsbild zweifelsfrei nachgewiesen haben«,

Quelle: https://www.evangelisches-gemeindeblatt.de/publikationen/thema/detailansicht/was-ist-sucht-1047/

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