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11. März 2019 1 11 /03 /März /2019 23:37

Der IWF leitet in einer am gestrigen Sonntag veröffentlichten Stellungnahme eine Revolution des internationalen Systems der Konzernbesteuerung ein. IWF-Chefin Chrstine Lagarde erklärte in der
Financial Times das aktuelle System für „völlig veraltet“ und eine "fundamentale Reform" für nötig. (1).

„Der angekündigte Paradigmenwechsel des IWF kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der IWF folgt damit der OECD, die bereits im Januar eine grundlegende Überprüfung internationalen Steuerregeln angekündigt hat. Beide Organisationen erkennen nach Jahren der Ignoranz an, dass das
System der weltweiten Konzernbesteuerung völlig neu gestaltet werden muss. Sie geben damit der Kritik von Attac und vielen anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen Recht“, sagt Karl-Martin
Hentschel von Attac Deutschland.

+ Der IWF folgt Attac: Das Fremdvergleichsprinzip ist gescheitert

Der Konstruktionsfehler des internationalen Steuersystems besteht darin, dass die nationalen Tochter-firmen multinationaler Konzerne steuerlich so behandelt werden, als wären sie völlig eigenständige Un-ternehmen, die von einander Waren kaufen. Erst dieser Umstand ermöglicht es Konzernen, Gewinne mittels verschiedener Techniken (wie Lizenz- und Zinszahlungen oder absurde interner Verrechnungspreise) steuertricksend auf Niederlassungen in Steuersümpfen zu verteilen. (2) Nach der OECD erklärt nun erstmals auch der IWF dieses „Fremdvergleichsprinzip“ als defacto gescheitert. Zudem problematisiert der IWF das internationale Steuerdumping bei Konzernsteuern. (3)

+ Die Lösung heißt „Gesamtkonzernbesteuerung“

Der IWF diskutiert verschiedene Optionen für ein neues Steuersystem unter besonderer Berücksichtigung von Entwicklungsländern. Für Attac ist die beste Lösung dabei eine „Gesamtkonzernbesteuerung“ ergänzt mit Mindeststeuersätzen. Dabei wird ein multinationaler Konzern steuerlich als das behandeln, was er ist – eine Einheit mit einem global erzielten Gewinn. Der Konzerngewinn sollte auf Basis der real vor Ort stattfindenden Wertschöpfung (ermittelt unter anderem mit Indikatoren wie Löhne, Sachanlagen und Umsatz) anteilig auf Länder aufgeteilt und entsprechend besteuert werden. „Die Gewinnverschiebungen zwischen Konzerntöchtern hätten damit ein Ende“, erklärt Karl-Martin Hentschel.
Diese langjährige Attac-Forderung wird mittlerweile von namhaften Ökonomen wie Joseph Stiglitz oder Thomas Piketty unterstützt und wird nun auch im IWF-Papier gefordert.

+ Scholz muss Blockaderolle der deutschen Finanzminister in der EU aufgeben

Diese Positionsveränderung des IWF ist ein weiterer wichtiger Schritt zum einem grundlegenden Systemwechsel bei der Konzernbesteuerung, hin zur Gesamtkonzernbesteuerung. Attac-Steuerexperte Alfred Eibl: „Wenn Olaf Scholz ernsthaft eine gerechte Besteuerung der internationalen Konzerne will, sollte er diese Stellungnahme des IWF nutzen und die bisherige Blockaderolle der deutschen Finanzminister in der EU aufgeben. Das Europäischen Parlament fordert seit längerem die
Gesamtkonzernbesteuerung. Es ist Zeit, dies endlich umzusetzen.“

www.attac.de/gesamtkonzernsteuer

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(1) Christine Lagarde: An overhaul of the international tax system can wait no longer. https://on.ft.com/2Tu8YKv Siehe auch: IWF, March 10, 2019: Corporate Taxation in the Global Economy:
https://www.imf.org/en/Publications/Policy-Papers/Issues/2019/03/08/Corporate-Taxation-in-the-Global-Economy-46650
OECD: Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy – Policy Note as approved by the Inclusive Framework on BEPS on 23 January 2019:
http://www.oecd.org/tax/beps/policy-note-beps-inclusive-framework-addressing-tax-challenges-digitalisation.pdf

(2) Ein zusätzliches Problem dieses „Fremdvergleichprinzips“ ist, dass es per definitionem für viele kon-zerninterne Güter gar keine „Marktpreise“ gibt und diese Preise so Missbrauch Tür und Tor öffnen.
Die bisherigen Ansätze der OECD ("BEPS") versuchten diese Steuertrickserei zwar mittels komplizierter technischer Lösungen einzudämmen, ohne dabei das System grundsätzlich zu reparieren.

(3) Mindeststeuersätze auf Auslandsinvestitionen können laut IWF einen „signifikanten, wenn auch un-vollständigen Schutz vor Gewinnverschiebungen und Steuerdumping“ bieten.

Für Rückfragen und Interviews:

* Alfred Eibl, Mitglied im Koordinierungskreis von Attac Deutschland,
* Karl-Martin Hentschel, Attac-Vertreter im Netzwerk Steuergerechtigkeit,
 

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