Die europäische Allianz für Lobby-Transparenz und ethische Regeln (ALTER-EU) hat heute eine Online-Unterschriftenaktion gestartet, damit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso endlich die Fakten im Lobby-Skandal um Ex-Gesundheitskommissar Dalli auf den Tisch legt. Außerdem will sie mit der Aktion striktere Lobbyregeln einfordern.

 „Die Bürgerinnen und Bürger der EU haben ein Recht darauf zu erfahren, welche Ereignisse zum Rücktritt des Kommissars führten und ob die Tabaklobby dabei eine Rolle spielte“, erklärt Nina Katzemich von LobbyControl. Außerdem müsse die EU-Kommission striktere Lobby-Regeln einführen, wie ein verpflichtendes Transparenzregister oder die Veröffentlichung aller Treffen zwischen EU-Kommissaren und Lobbyisten. „Die EU-Kommission möchte den Fall am liebsten abhaken, ohne weitere Konsequenzen zu ziehen – das geht nicht! Darum haben wir heute diese Online-Aktion gestartet.“

Der Skandal um Ex-Gesundheitskommissar John Dalli hält Brüssel seit Wochen in Atem. Bis heute weiß die Öffentlichkeit nicht, ob der zurückgetretene Gesundheitskommissar bereit war, seinen politischen Einfluss zu Geld zu machen – oder ob es die Tabakindustrie geschafft hat, durch einen inszenierten Skandal die geplante striktere Gesetzgebung für Tabakprodukte aufzuschieben, wie Dalli erklärt. Möglicherweise handelt es sich um eine Kombination aus Beidem. Das Problem: Die EU-Kommission und die Antibetrugsbehörde OLAF geben den Untersuchungsbericht nicht frei und halten damit mutmaßliche Beweise unter Verschluss.

Mit der Online-Aktion wollen die Nichtregierungsorganisationen den Druck auf die EU-Kommission steigern, Klarheit in diesem Fall zu schaffen. Auch das Europäische Parlament ist nicht damit einverstanden, wie die EU-Kommission in diesem Skandal informiert und hat 154 detaillierte Fragen zu dem Fall an die Kommission geschickt. „Barroso darf den Fall nicht weiter aussitzen“, kritisiert Katzemich.

ALTER-EU kritisiert auch, dass die EU-Kommission leugnet, dass die schwachen Lobby-Regeln in Brüssel solche Skandale begünstigen. „Schon vor seiner Aufklärung offenbart der Fall zahlreiche Schwachstellen bei der Lobbyregulierung,“ so Nina Katzemich weiter. So waren zentrale Lobbyakteure wie der Lobbyist und Bekannte von Dalli, Silvio Zammit, oder die Anwältin Gayle Kimberley, nicht im Lobbyregister eingetragen. Der Skandal verweist auch auf das Problem, dass zahlreiche Lobbyakteure privilegierte Zugänge zu den Kommissaren besitzen und damit die EU-Gesetzgebung so unauffällig wie effektiv beeinflussen können. „Wir brauchen daher ein verpflichtendes und umfassendes Lobbyregister und Online-Transparenz über alle Treffen zwischen Kommissaren und Lobbyisten“, so Katzemich.

Die Aktion endet am 17.12. Die Unterschriften sollen in der Woche vor Weihnachten an den Kommissionspräsidenten übergeben werden.

 Die Aktion läuft online unter http://www.lobbycontrol.de/blauerdunst und auf englisch unter http://www.alter-eu.org