„Kino? Am Wochenende? Klar – was läuft denn? Oh, da kann ich mich ja kaum entscheiden…“ größere Schwierigkeiten hat der durchschnittliche deutsche Kinobesucher kaum, wenn es darum geht, einen Abend vor der Großleinwand zu planen.
In Palästina ist das anders. Hier gibt es weder Kinos, erst recht keine große Filmauswahl und jahrelang konnte man sich nicht unbeschwert auf die Straße trauen, nur um einige unbeschwerte Stunden im Kintopp zu verbringen. So ging es auch den 50.000 Einwohnern der Stadt Jenin im Westjordanland, die bis heute tief traumatisiert sind von der Intifada, dem palästinensischen Aufstand gegen Israel.
Traurige Bekanntheit erlangte der Ort durch Schlagzeilen über Selbstmordattentäter und blutigen Einsätzen der israelischen Armee 2002, die auf die Zivilbevölkerung kaum Rücksicht nahmen. Auch der 12-jährige Ahmet wurde von einem Soldaten tödlich verletzt – der kleine Junge hielt eine Spielzeugwaffe in der Hand, die einem echten Maschinengewehr zu ähnlich sah.
Der trauernde Vater Ismael spendete – für viele überraschend – die Organe seines Sohnes an israelische Kinder. Diese Nachricht ging um die Welt: Zahlreiche Medien berichteten von Ismaels Akt der Menschlichkeit, von dem Marcus Vetters prämierter Film „Das Herz von Jenin“ (2009) handelt.
Ein Dokumentarfilm bringt Steine ins Rollen
Im Laufe der Dreharbeiten zum Film gründete Ismael ein Jugendzentrum, das den Heranwachsenden vor Ort heute eine Alternative bietet zum Leben auf den Straßen des Flüchtlingslagers, das isrealische Sperranlagen von der Außenwelt abschotten. Eines Tages denken die Jugendlichen darüber nach, ihre ersten Kurzfilme zu produzieren, haben aber keinen geeigneten Ort, um diese zu zeigen. Auch Vetters Film konnte in Jenin bislang nicht öffentlich vorgeführt werden. Die Idee entsteht, das lang vergessene Kino Jenins zu renovieren…
In den 60er Jahren entstanden, galt das Kino Jenins mit seinen 500 Sitzplätzen als eines der größten und bedeutendsten Palästinas. Als die erste Intifada 1987 ausbrach, schloss der Kinobetrieb. Das Projekt „Cinema Jenin“ will nun den Bewohnern der palästinischen Stadt und dem angrenzenden Flüchtlingslager ein Kinoprogramm zurückgeben und damit ein Stück Normalität im Ausnahmezustand. Freiwillige und Spenden aus der ganzen Welt unterstützen das Vorhaben: Die Bavaria Filmstudios spendeten zuletzt ein Synchronisationsstudio, das zukünftig dazu genutzt werden soll, europäische und amerikanische Filme ins Arabische zu übersetzen und damit den Weg für eine eigene Filmindustrie Palästinas zu ebnen. Neben dem (3-D-)Kino sollen außerdem eine Filmschule entstehen und eine Film-Bibliothek eingerichtet werden. Bildung mit und durch Medien bedeutet für viele Menschen mehr als nur Hoffen: Das Kinoprojekt ermöglicht vielen Jugendlichen eine Ausbildung und steht für ihre Zukunft, eine Chance auf Frieden und ein glückliches Leben fernab von Hass und Gewalt.
Quelle: http://www.mediaculture-online.de/blog/?p=2005